“Wenn die ganze Bäckerei doch nur ein Stück Kuchen ist”
eine Veranstaltungsreihe von Casablanca eV und Infobude G16
Die mehrteilige Veranstaltungsreihe beschäftigt sich mit Aufwertung, Verdrängung und Widerstand in Städten. Der Fokus ist dabei auf die Rolle so genannter Subkulturen samt dem gesamtgesellschaftlichen oder alternativ-gesellschaftlichen Anspruch, den diese erheben, gerichtet. Der Titel ist Programm. “Wir wollen kein Stück vom Kuchen, wir wollen die ganze Bäckerei” ist Ausgangspunkt um Fragen zu stellen, die das Danach zum Gegenstand haben: Was passiert, wenn wir die Bäckerei haben und was, wenn die Bäckerei doch nur ein Stück Kuchen ist, wo beginnt die Bäckerei, welchen Kuchen wollen wir backen, wem könnte der schmecken, wem doch eher nicht? usw. usf.
Der Kuchen und seine Teile – das ist offensichtlich nicht so einfach zu denken, wir wollen es trotzdem versuchen.
Teil 1:
aufgewertet kulturell verdrängt.
WIR SIND GEGEN-GENTRIFICATION*
Zu Gast: Matthias Bernt (Stadtsoziologe und Aktivist aus Berlin)
30.-31. Januar 2009
Infoladen und Kino im Projekt G16
Gießerstr. 16 – 04229 Leipzig
Freitag 30.1. 19.00 Uhr: Gentrification unter Schrumpfungsbedingungen?
Die problematische Aufwertung innenstadtnaher Wohnviertel in Ostdeutschland (Vortrag)
anschl. Diskussion
Samstag 31.1. 11.00 Uhr: Wir bleiben Alle! (Vortrag)
anschl. kurze Diskussion und Strukturierung des Nachmittags
Zwischendrin: Essen (für alle und umsonst)
14.00-16.00 und 16.30-18.00
Workshop, Gespräch, Diskussion
Linksradikale Stattentwicklung
Stadtteilinitiativen gegen Verdrängung und Umstrukturierung und „radikale“ Linke stehen traditionell in einem gespannten Verhältnis zueinander. Wird ersten vorgeworfen „reformistisch“ den „reinen Kiez“ zu verteidigen, sieht sich zweit genannte mit dem Vorwurf der Ignoranz und Gettoisierung konfrontiert. Diese Kluft identifizierten Matthias Bernt und Andrej Holm 1998 als einen der Gründe warum das breit getragene Aktionsbündnis Wir Bleiben Alle! 1992/93 nach nicht allzu langer Aktionszeit zerbrach.
Die Kritiker [die radikalen Linken] müssen sich u.E. deswegen nicht mit der Realität auseinandersetzen, weil es ihnen mehr um ihre eigenen Probleme bei der Verteidigung ihrer (weißen, westdeutschen, studentischen und mittelständischen) identitären Ghettos geht, als um Oben und Unten, Solidarität und Widerstand.
(Bernt/Holm)
Welche Rolle spielen linke und alternative Haus- und Wohnprojekte in diesem Zusammenhang oder: welche Rolle könnten sie spielen? Sind sie Ansätze einer „anderen Stadtentwicklung“ oder doch nur das Stück vom Kuchen? Wie könnte mit ambivalenten Positionen wie Sozialchauvinismus und Klassismus, Aufwertung, Stadtteilgestaltung, Verschönerung, Sicherheit usw. umgegangen werden? Mit welchen Stadtentwicklungsinstitutionen werden Bündnisse eingegangen und vor allem auf welcher Ebene? Welche Alternativökonomien können forciert werden, ohne dass dies in Szeneklüngelei ausartet? Einen Beitrag zur Attraktivierung zu leisten kann offenbar nicht vermieden werden – oder möglicherweise doch? Wie also Umgehen
mit der Hilflosigkeit und gleichzeitigen Unvermeidbarkeit der eigenen Rolle? „Aufwertung“ und „Entwicklung“ sind derart positiv besetzte Begriffe, dass die ideologischen Implikationen still schweigend akzeptiert werden. Was es aber heißt ein Stadtgebiet „schöner zu machen“ muss als Frage ganz oben stehen.
„Wenn die ganze Bäckerei doch nur ein Stück Kuchen ist“ ist als Werkzeugkiste und gleichzeitig als Baustelle gedacht. Das gemeinsame ErArbeiten steht im Vordergrund.
*Glossar
Gentrification/Gentrifizierung: Austausch der Bevölkerung eines Stadtgebietes durch eine bauliche, ökonomische und soziale Umstrukturierung (Sanierung, Mietpreissteigerungen, Eröffnung neuer, teurer Läden und Kneipen, usw.)
Gegengentrification: Gentrifizierungsprozess, der durch Anti-Gentrifizierungskämpfe linksradikaler Gruppierungen ausgelöst bzw. getragen wird. Die Folge ist eine Verschiebung der AkteurInnenpositionen. Parallelbildung zu Gegeninformation.
Texte usw. gibts bald an dieser Stelle…
Bernt, Matthias: Kunst und Kapital – Das Zusammenwirken von Kultur und Ökonomie in Gentrificationprozessen. gibts online hier: http://www.kulturdisplace.net/texte/kunst-und-kapital
Bernt, Matthias/ Holm, Andrej: Wir bleiben Alle? in: Stadtrat (Hrsg.): Umkämpfte Räume. AssoziationA, 1998. S. 155-167. könnt ihr als pdf geschickt bekommen, schreibt eine mail (Kontakt weiter unten)!
Bernt, Matthias/ Holm, Andrej: Gentrification in Ostdeutschland: der Fall Prenzlauer Berg. in: Deutsche Zetschrift für Kommunalwissenschaft (DfK). 41 Jg. 2002/II, 125-150
Am 28.1. war im Radio Blau Interview die Rede von einer Untersuchung zu Gentrification in Leipzig-Connewitz; hier die versprochenen Angaben:
Zischner, Romy: Gentrification in Leipzig – Connewitz? Theoretische Gentrification-Ansätze und deren Gültigkeit in Städten der neuen Bundesländer- eine empirische Studie. Diplomarbeit am Geographischen Institut der Uni Leipzig. 2003
Wiest, Karin/ Zischner, Romy: Aufwertung innerstädtischer Altbaugebiete in den neuen Bundesländern: Prozesse und Entwicklungspfade in Leipzig. in: Deutsche Zeitschrift für Kommunalwisenschaft. 45 (2006) 1. eine engl. Version gibts hier: http://www.difu.de/index.shtml?/publikationen/dfk/en/06_1/06_1_wiest-zischner.shtml
Kontakt: baeckerei-leipzig[at]riseup.net